Frau sitzt mit geschlossenen Augen auf einer grauen Couch und hält die Hände flach übereinander gekreuzt auf Ihr Brustkorb.

Endokarditis

Miriam Weihermüller

Kommt es zu entzündlichen Prozessen an der Herzinnenhaut oder an den Herzklappen, sprechen Mediziner von einer Endokarditis.

In den meisten Fällen sind bei dieser Erkrankung eine oder mehrere Herzklappen entzündet, vorwiegend die Aorten- sowie/oder die Mitralklappe. In seltenen Fällen sind auch die rechtsseitigen Herzklappen entzündet.

Eine Endokarditis wird meistens durch Bakterien verursacht, seltener durch Pilzinfektionen. Es gibt jedoch auch nicht-infektiöse Endokarditis-Formen: Bei einer solchen nicht bakteriellen Form entzündet sich das Endokard ohne eine Besiedelung von Krankheitserregern, beispielsweise im Rahmen eines vorliegenden rheumatischen Fiebers.

In den westlichen Ländern ist die nicht-infektiöse Endokarditis-Form immer seltener geworden. An einer infektiösen Endokarditis erkranken pro 100.000 Einwohner jährlich rund 6 Menschen. Das entspricht im Schnitt ungefähr 5.000 Neuerkrankungen. Die meisten Endokarditis-Fälle treten dabei vor dem 50. Lebensjahr auf.

Grundsätzlich werden zwei Endokarditis-Formen unterschieden: Bei einem akuten Krankheitsverlauf verschlechtert sich der persönliche Zustand der betroffenen Personen sehr schnell. In einem solchen Fall ist von einer „Endocarditis acuta“ die Rede.

Die zweite Form ist die subakute Form, die sogenannte Endocarditis lenta. Hier treten die Symptome nur schleichend auf und werden somit leider oft nicht als Endokarditis-Anzeichen erkannt.

Es ist wichtig, eine Entzündung der Herzinnenhaut so frühzeitig wie möglich zu erkennen und adäquat zu behandeln, um schwere Verlaufsformen zu vermeiden.

Im ICD-10, dem internationalen Krankheitsverzeichnis, findet sich die Herzinnenhautentzündung im Kapitel „akute und subakute Endokarditis“ unter den Nummern I33.0-I33.9.

Symptome: Worauf ist bei Endokarditis zu achten?

Wie sich eine Endokarditis im Einzelfall konkret äußert, hängt zum einen von der zugrunde liegenden Ursache sowie vom Verlauf ab. Die Symptome ähneln im Allgemeinen jedoch denen einer Sepsis (Blutvergiftung).

Eine akute Endokarditis wird häufig durch Staphylokokken ausgelöst und macht sich durch plötzlich auftretende und schnell fortschreitende Symptome bemerkbar. Zu diesen Frühsymptomen gehören:

  • Schüttelfrost
  • ausgeprägtes Schwächegefühl und Müdigkeit
  • Fieber: Fast alle Betroffenen haben Fieber über 39 Grad Celsius.
  • Gewichtsverlust
  • Nachtschweiß
  • verminderter Appetit
  • veränderte bzw. neu auftretende Herzgeräusche sowie Herzrasen (Tachykardie)
  • Bewusstseinstrübung
  • Gelenk- und Muskelschmerzen

Diese Symptome treten auch noch im Rahmen anderer Erkrankungen auf. Aus diesem Grund wird eine Endokarditis in manchen Fällen oft erst spät erkannt.

Im weiteren Verlauf kommt es schließlich infolge der Herzinnenhautentzündung zu Auflagerungen aus bakteriellen Erregern sowie thrombotischem Material an den Herzklappen. Von diesen Auflagerungen können sich kleine, ebenfalls infektiöse Teilchen lösen, die schließlich über den Blutkreislauf in andere Körperbereiche gelangen und dort kleine Gefäße verschließen können (Embolie).

Je nachdem, welche Körperregion betroffen ist, entstehen durch diese Embolien spezifischere Endokarditis-Symptome wie zum Beispiel:

  • linsengroße, schmerzende, rote Knötchen (sogenannte Osler-Knötchen) an Zehen und Fingern.
  • Bei einigen Patienten zeigen sich auch kleine, stecknadelkopfförmige Hauteinblutungen (Petechien) – meistens an den Nägeln.
  • schmerzlose Einblutungen an Fußsohle und Handfläche (Janeway-Läsionen)
  • Im zentralen Nervensystem kann es zu einer sogenannten „septisch-embolischen Herdenzephalitis“ kommen: Diese äußert sich zum Beispiel durch schlaganfallartige Symptome wie etwa Nackensteifigkeit, ausgeprägte Schläfrigkeit oder starke Kopfschmerzen.
  • Wassereinlagerungen (Ödeme)
  • Niereninfarkt
  • rundliche Einblutungen an der Augennetzhaut (sogenannte Roth-Spots).

Mit weiterem Fortschreiten der Herzinnenhautentzündung äußern sich mehr und mehr Anzeichen, die auf eine nachlassende Herz- und Herzklappenfunktion hindeuten. Hierzu gehören beispielsweise Atemnot, Beschwerden im Oberbauch mit einer Leber- und Milzvergrößerung sowie eine Blutarmut (Anämie).

Das facettenreiche Symptombild zeigt, wie gefährlich eine Endokarditis werden kann. Die Erreger können diverse Körperorgane wie zum Beispiel die Nieren oder das Gehirn stark schädigen und im schlimmsten Fall bis zu einem Multiorganversagen führen.

Eine subakute Form der Endokarditis (Endocarditis lenta) beginnt mit schleichenden Anzeichen und Beschwerden. Der typische Erreger dieser Endokarditis-Form, Streptococcus viridans, führt bei den betroffenen Patienten zu leichtem, anhaltendem Fieber, gelegentlichem Schüttelfrost, einem verminderten Appetit sowie einem Gewichtsverlust. Durch anhaltende entzündliche Reaktionen kommt es auch bei der subakuten Form zu einer Beeinträchtigung anderer Körperorgane.

Bei einer nicht-infektiösen Endokarditis kann das Symptombild etwas verändert sein: Bei einer rheumatischen Endokarditis stehen zum Beispiel mehr die Symptome eines rheumatischen Fiebers im Fokus wie etwa sich ausbreitende Gelenkschmerzen.

Darüber hinaus kann es auch zu einer Entzündung anderer Herzwandschichten kommen, so etwa zu einer Myokarditis (Herzmuskelentzündung) oder einer Perikarditis (Herzbeutelentzündung), die Beschwerden wie Herzrasen oder Brustschmerzen hervorrufen können.

Verlauf: Wie gefährlich ist Endokarditis?

Der genaue Krankheitsverlauf und damit verbunden die Überlebenschancen der betroffenen Patienten hängen von der Art der Endokarditis ab.

Bei einer nicht-infektiösen Krankheitsform hängt der weitere Verlauf von der vorliegenden Grunderkrankung ab.

Bei einer bakteriellen (infektiösen) Endokarditis hängt die weitere Prognose von verschiedenen Faktoren ab, so zum Beispiel vom Lebensalter, vom Allgemeinzustand des betroffenen Patienten, vom Zeitpunkt der Diagnosestellung sowie von möglicherweise vorhandenen Herzvorschäden. Ebenso spielt die Empfindlichkeit des bakteriellen Krankheitserregers gegenüber Antibiotika eine wichtige Rolle. Ist die Herzinnenhautentzündung beispielsweise durch Streptokokken ausgelöst werden, dann ist sie im Allgemeinen sehr rasch und gut behandelbar. Die Betroffenen fühlen sich bereits nach wenigen Tagen wieder gut und auch das Fieber klingt ab.

Sind jedoch Staphylokokken für die Endokarditis verantwortlich, kann die Therapie etwas länger andauern.

Wird eine Antibiotikabehandlung rechtzeitig begonnen, können heutzutage ungefähr drei Viertel der betroffenen Patienten eine Endokarditis überleben. Bei Betroffenen, die bereits unter einer Herzinsuffizienz (Herzschwäche) oder einer Herzklappenprothese leiden, ist die Prognose bedauerlicherweise schlechter als bei den Patienten, die vor der Herzinnenhautentzündung gesund waren.

Eine unbehandelte bakterielle Herzinnenhautentzündung verläuft meistens tödlich. Auch die Gefahr für bleibende Organschäden infolge von Endokarditis-Komplikationen ist deutlich erhöht.

Ursachen und Risikofaktoren: Wie entsteht Endokarditis?

Einer Herzinnenhautentzündung können verschiedene Ursachen zugrunde liegen.

Bakterielle (infektiöse) Endokarditis

Die Ursache dieser Form der Endokarditis sind Krankheitserreger, die über den Blutkreislauf zum Herzen gelangen. Die Bakterien stammen aus körperinternen Entzündungsherden, die von den betroffenen Patienten oft lange Zeit nicht bemerkt werden, weil sie keinerlei Beschwerden hervorrufen.

Eine bakterielle (infektiöse) Endokarditis kann durch Staphylokokken, Streptokokken oder Enterokokken hervorgerufen werden. In seltenen Fällen sind andere Erreger wie etwa Legionellen, Chlamydien oder Mykoplasmen die Ursache der Entzündung. Experten zufolge machen Pilzinfektionen nur rund ein Prozent aller Endokarditis-Fälle aus.

In der Regel gelingt es dem Abwehrsystem des Körpers, die Krankheitserreger abzuwehren. Geraten die Bakterien an die spiegelglatte Oberfläche des Herzens (Endokard), so können sie in der Regel daran nicht haften bleiben. Kleinere Verletzungen der Herzinnenhaut – wie sie zum Beispiel infolge eines operativen Eingriffs entstehen können – sind jedoch eine ideale Eintrittspforte für bakterielle Erreger. Sie siedeln sich dort an und beginnen das Gewebe immer weiter zu schädigen: Es kommt zu einer Endokarditis!

In den meisten Fällen befallen die bakteriellen Erreger eine Herzklappe. Besonders häufig ist die Aortenklappe oder die Mitralklappe zwischen dem linken Vorhof sowie der linken Herzkammer bzw. betroffen. Durch die Entzündung kann die Herzklappe so stark geschädigt werden, dass sie sogar vollkommen zerstört wird. Darüber hinaus entstehen auf der Herzklappe sogenannte Vegetationen (Auflagerungen) aus Entzündungszellen und Bakterien.

Eine infektiöse Endokarditis droht insbesondere Menschen, die bereits eine vorgeschädigte Herzinnenhaut haben, denn auf dieser können sich die bakteriellen Krankheitserreger viel einfacher ansiedeln.

  • So kann beispielsweise ein angeborener oder auch ein erworbener Herzfehler die Herzinnenhaut angreifen und somit die Entstehung einer Endokarditis begünstigen.
  • Auch Herzoperationen sind ein großer Risikofaktor, insbesondere dann, wenn Fremdkörper während der OP eingesetzt werden wie zum Beispiel künstliche Herzklappen, aber auch Herzschrittmacherkabel oder Venenkatheter. Die infektiösen Erreger können über Katheter und Nadeln in den Blutstrom und somit ins Herz gelangen.
  • Ebenso kann es zu einer Endokarditis kommen, wenn viele Bakterien ins Blutsystem eindringen. Das kann zum Beispiel auch im Rahmen zahnmedizinischer Eingriffe passieren: Feinste Mikroverletzungen werden dann zur Eintrittspforte für die Bakterien.
  • Auch durch einen Abszess können Bakterien in den Blutstrom gelangen und schließlich zum Herzen wandern.
  • Drogenabhängige, die sich Spritzen setzen, können Bakterien über die Venen in den Körper bringen und somit die Entstehung einer Endokarditis begünstigen.

Doch nicht immer müssen bakterielle Erreger zu einer infektiösen Endokarditis führen. Es gibt auch bestimmte Erkrankungen, die eine nicht-infektiöse Endokarditis verursachen können:

Eine rheumatische Endokarditis entsteht grundsätzlich erst nach einer abgelaufenen bakteriellen Infektion. Ungefähr zwei bis drei Wochen nach einer Infektion mit Streptokokken – in der Regel in Form einer Rachen- oder Mandelentzündung – kann das sogenannte rheumatische Fieber ausbrechen. Die betroffenen Patienten entwickeln hohes Fieber und es kommt zu einer schmerzhaften Entzündung unterschiedlicher Gelenke (wandernde Polyarthritis) zusammen mit einer Herzklappenentzündung (rheumatische Endokarditis).

In manchen Fällen können sich auch Hautausschläge oder Hautknötchen (Erythema nodosum) bemerkbar machen.

In diesem Fall führen nicht die bakteriellen Erreger direkt zur Infektion. Vielmehr richtet sich das Immunsystem des Körpers irrtümlich gegen die Gewebestrukturen des Herzens und der Gelenke. Mediziner sprechen in einem solchen Fall von einer Endocarditis verrucosa. Damit es gar nicht erst zur Entstehung des rheumatischen Fiebers kommt, werden Streptokokken-Infektionen grundsätzlich antibiotisch behandelt.

Eine Herzinnenhautentzündung kann auch im Rahmen der rheumatischen Erkrankung Lupus erythematodes auftreten. Kommt es zu einer solchen Entzündung des Endokards, sprechen Mediziner von einer Libman-Sacks-Endokarditis. Sie entsteht ähnlich wie die rheumatische Endokarditis durch Fehlregulationen des körpereigenen Immunsystems.

Darüber hinaus gibt es noch weitere Endokarditis-Formen, so zum Beispiel eine Löffler-Endokarditis.

Diese Form der Endokarditis, auch als eosinophile Endokarditis bezeichnet, kommt nur in seltenen Fällen vor und tritt im Rahmen des sogenannten Löffler-Syndroms auf. Dabei wird insbesondere das Lungengewebe von körpereigenen Abwehrzellen, sogenannten eosinophilen Granulozyten, besetzt. Ist das Herz mitbetroffen, kommt es zu einer Verdickung des Endokards (Herzinnenhaut) und letztlich zu einer Gewebeversteifung. Die Folge ist ein Verlust der Herzfunktion.

Therapie: Welche Optionen gibt es bei Endokarditis?

Wenn die Ärztin oder der Arzt im Blut bakterielle Erreger nachweisen kann, wird ein Antibiotikum als Infusion verordnet. Durch die intravenöse Gabe können die Wirkstoffmengen schneller in den Blutkreislauf gelangen als in herkömmlicher Tablettenform. Die medikamentöse Behandlung dauert im Allgemeinen vier bis sechs Wochen und in dieser Zeit ist Bettruhe erforderlich! Auch nach Therapieabschluss geben die behandelnden Ärzte noch eine Blutkultur in Auftrag, um den Behandlungserfolg sicher beurteilen zu können.

Hat das Antibiotikum wie gewünscht angeschlagen, so dürfen keinerlei Bakterien mehr im Blut nachweisbar sein.

Ist die bakterielle Endokarditis durch verunreinigte Fremdkörper wie beispielsweise ein infizierter Herzklappenersatz entstanden, so braucht es – zusätzlich zur medikamentösen Behandlung – einen erneuten operativen Eingriff, in dem der Fremdkörper entfernt wird.

Kommt es zu weiteren Komplikationen wie zum Beispiel Vegetationen (entzündlichen Auflagerungen an einer Herzklappe) oder einer fortschreitenden Herzinsuffizienz, kann das betroffene Gewebe im Rahmen einer Operation entfernt werden. In manchen Fällen kann es erforderlich sein, die Herzklappen zu ersetzen.

Das Behandlungsziel für die seltenere nicht-infektiöse Endokarditis-Form ist, die Immunsystemaktivität zu dämpfen, beispielsweise mit Kortison.

Was Sie selbst tun können bei Endokarditis

Bakterielle Erreger, die eine Endokarditis hervorrufen können, gelangen sehr häufig über den Mundraum oder über infizierte Hautstellen in den Körper. Sie können sich effektiv vor Entzündungen schützen, indem Sie die natürliche Schutzbarriere Ihres Körpers intakt erhalten.

  • Achten Sie auf eine sorgfältige Mund- und Handhygiene.
  • Stellen Sie immer eine sorgfältige Wunddesinfektion sicher, sodass bakterielle Erreger keinerlei Chance haben!
  • Verordnet Ihnen Ihre Ärztin oder Ihr Arzt ein Antibiotikum, so nehmen Sie dieses bitte exakt nach Anweisung ein! Bitte nehmen Sie jedoch niemals selbstständig Antibiotika ein, um gefährliche Resistenzen zu vermeiden.
  • Verzichten Sie auf Tattoos und Piercings.

Wenn Sie zu einer Endokarditis-Risikogruppe gehören, raten Experten vor zahnmedizinischen Behandlungen oder bestimmten operativen Eingriffen zu einer vorbeugenden Antibiotikabehandlung. Diese werden ungefähr 30 bis 60 Minuten vor der Operation bzw. dem Eingriff eingenommen. Auf diese Weise kann die Entstehungsgefahr für eine bakterielle Infektion effektiv gesenkt werden.

Eine solche prophylaktische Antibiotika-Einnahme ist zum Beispiel empfehlenswert, wenn:

  • eine künstliche Herzklappe vorhanden ist (mechanisch oder biologisch)
  • bereits es bereits zu einem früheren Zeitpunkt zu einer Endokarditis-Erkrankung gekommen ist.
  • ein angeborener Herzfehler vorliegt.
  • eine Herzklappe mit einem künstlichen Material rekonstruiert wurde.

Quellen

https://flexikon.doccheck.com/de/Endokarditis
https://flexikon.doccheck.com/de/Endokard
https://www.msdmanuals.com/de-de/heim/herz-und-gef%C3%A4%C3%9Fkrankheiten/endokarditis/infekti%C3%B6se-endokarditis
https://www.gelbe-liste.de/krankheiten/endokarditis#Ursachen
https://www.amboss.com/de/wissen/Infekti%C3%B6se_Endokarditis/
https://www.herzstiftung.de/infos-zu-herzerkrankungen/endokarditis/symptome
https://deximed.de/home/klinische-themen/herz-gefaesse-kreislauf/patienteninformationen/herzklappenerkrankungen/endokarditis-infektioese
http://www.medizinfo.de/kardio/endokard/start.shtml
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